Jetzt, wo der Mac Mini mit dem M2 Pro erhältlich ist, bewirbt ihn Apple als Gaming-Computer. „Tauche ein in grafikintensive AAA-Spiele wieNo Man’s SkyundResident Evil Village, mit flüssigen Bildraten und hoher Qualität –durch die unglaubliche Grafikperformance des M2 und M2Pro“, heißt es auf der Produktseite.
Dank hervorragender Unterstützung für Xbox- und Playstation-Controller in der neuesten Version von macOS kann man tatsächlich ordentlich auf dem Mac spielen, der weniger als 2.000 Euro kostet. Doch nachdem wir ein bisschen damit rumgespielt und ihn mit der PC-Konkurrenz verglichen haben, steht fest, dass Apple noch einen weiten Weg vor sich hat.
Apple Silicon ist fantastisch, doch die Gaming-Erfahrung auf dem Mac insgesamt ist so schlimm wie eh und je. Wenn Apple Gamer überzeugen will, gibt es noch viel zu tun.
Performance ist gut, der Preis aber nicht
Wenn wir Resident Evil Village auf unserem Mac Mini starten – die Konfiguration für 1.900 Euro mit M2 Pro, mit 12 bzw. 19 Kernen und 16 GB RAM –, wird offensichtlich, dass der Chip mit modernen Top-Spielen zurechtkommt. Mit der Einstellung „Grafik priorisieren“ und einer Auflösung von 1080p schwankt die Performance zwischen 70 und 120 FPS, abhängig von Ort und Action. Aktiviert man MetalFX Upscaling im Qualitätsmodus, erhöht sich die Performance um ca. 30 Prozent ohne auffällige Qualitätsverluste. Man kann sogar die Auflösung auf 4K erhöhen und immer noch 40–40 fps im Grafikmodus erreichen.
Für einen Computer, der so klein und leise ist, wie der Mac Mini, ist das eine beachtliche Leistung. Doch von einem Windows-Gaming-PC für denselben Preis wird er geradezu erschlagen. Ein vorgebauter Gaming-PC mit einem Ryzen 7 5800X und Geforce RTX 3070 Ti kostet bei Alternate aktuell 1.850 Euro und wischt mit dem Mac Mini in puncto Gaming-Performance den Boden.
Resident Evil Village läuft bei denselben Einstellungen mit dreimal höheren Bildraten. Derselbe Hof, der auf dem Mac Mini im mittleren 70er-Bereich läuft, erreicht auf dem PC 220 FPS. In 4K mit aktiviertem Upscaling kommen wir auf 120 FPS, nicht auf 40–60. Der PC schafft sogar 160 FPS bei 1440p und mit aktiviertem Raytracing. Auf dem Mac ist Raytracing nicht einmal verfügbar.
Es ist schwer, moderne Spiele zum Benchmarking zu finden, weil die Auswahl auf dem Mac so klein ist. In unserem Rise of the Tomb Raider Benchmark – einem Spiel von 2015 – erreicht der Mac Mini 118 FPS, der PC verdoppelt sie auf 234.
Natürlich sind diese Computer nur beim Preis vergleichbar. Das Mac Mini ist wesentlich kleiner und praktisch geräuschfrei, während der Gaming-PC groß und voll mit Lüftern ist. Doch Leistung ist für Gamer das Hauptaugenmerk. Spiele müssen super aussehen und flüssig laufen, jetzt und in Zukunft. Und die Tatsache ist eben, dass man zum selben Preis doppelt so viel Leistung aus einem PC bekommt oder dieselbe Leistung wie der Mac Mini für einen Bruchteil des Preises. Natürlich wird der PC größer sein und mehr Strom verbrauchen, aber man kann ihn auch Upgraden – ein weiteres Anliegen von Gamern.
Einfach ausgedrückt: Die Gaming-Performance des M2 Pro ist in Ordnung, aber prahlen sollte Apple damit nicht.
Wo sind die Spiele?
Selbst, wenn der Mac Mini nicht nur halb so viel (oder noch weniger) Gaming-Performance für denselben Preis liefern würde, ist er eine schlechte Wahl, weil es einfach kaum Spiele gibt.
Der große Abschnitt mit „AAA-Spielen für Mac“ auf Apples Website zu macOS Ventura präsentiert stolz No Man’s Sky, ein sechs Jahre altes PC- und Konsolenspiel, das für Mac immer noch nicht verfügbar ist. Apple zeigt es auch auf der Promo-Seite des Mac Mini, es erscheint aber erst irgendwann 2023.
Apple
Mac-Gamer konnten sich immer auf neue Blizzard-Spiele verlassen, aber Overwatch ist nie für Mac erschienen, für Overwatch 2 ist kein Mac-Release geplant und für Diablo IV auch nicht. Ein Blick auf die Liste der meistverkauften Spiele sieht düster aus. Nur drei der Top 15 haben Mac-Versionen und zwei davon sind älter als 10 Jahre.
Foundry
Foundry
Foundry
Die hässliche Wahrheit ist, dass der Mac, was große Spiel-Releases angeht, nicht besser dasteht als vor zehn Jahren: Ein oder zwei neue Titel schaffen es auf den Mac (wo sie schlechter aussehen und laufen als auf Windows-Geräten), ein paar weitere Releases schaffen es ein Jahr später auf den Mac und 90 Prozent der Spiele, die Sie spielen wollen, kommen gar nicht.
Eine Roadmap für Mac-Gaming
Wenn Apple den Mac tatsächlich zu einer relevanten Gaming-Plattform entwickeln will, muss das Unternehmen zu drastischen Mitteln greifen. Einmal in Jahr etwas Hype für einen neuen Chip und „das eine große Spiel, das wir haben“ reicht einfach nicht aus.
Wahrscheinlich ist es zu viel von Apple verlangt, einen Mac mit guter Gaming-Performance zu produzieren, der kein Vermögen kostet. Windows-PCs werden Macs im Preis-Leistungs-Verhältnis noch sehr lange voraus sein, aber Apple könnte zumindest etwas an der Software-Situation rütteln.
Mit der Unterstützung von Xbox- und Playstation-Controllern unter macOS (und iOS, iPadOS und tvOS) hat das Apple bereits bewiesen, dass es offen gegenüber Gaming-Geräten von außerhalb ist und hat Jahre schlechter Controller übers MFi-Programm hinter sich gelassen. Stellen Sie sich vor, was eine ähnliche Offenheit für Spiele bedeuten würde!
Foundry
Foundry
Foundry
Das Steam Deck von Valve ist ein großer Erfolg unter Gamern, selbst mit einem Linux-basierten Betriebssystem, und Linux hat im Prinzip genauso viele Spiele wie macOS. Warum ist es erfolgreich? Weil Valve und seine Partner einen Software-Kompatibilitäts-Layer namens Proton entwickelt haben. Er nimmt Windows-Spiele und übersetzt alles Nötige für Linux.
Es ist sogar Open Source! Man stelle sich einmal vor, was die Apple-Entwickler, die für Rosetta verantwortlich sind, tun könnten, wenn sie Proton in die Hände bekämen und für den Mac portierten. Apple sollte das unbedingt tun und mit Valve kooperieren, um eine vergleichbare Kompatibilitätsliste für Steam zu schaffen. Es wäre wahrscheinlich ein sechs Monate langes Software-Projekt, das hunderte PC-Spiele für sofort und in Zukunft verfügbar machen würde.
Foundry
Foundry
Foundry
Doch das wird nicht ausreichen. Apple kann nicht jedem, der native Mac-Apps schreibt, seine Grafik-API „Metal“ aufzwingen. Niemand will sich für eine solch winzige Gaming-Plattform wie den Mac die Mühe machen. Wenn Apple beispielsweise die (unter Entwickler:innen) weitverbreitete Vulkan API auf Apple Silicon unterstützen würde, könnte das als deutliches Zeichen gelten, dass das Unternehmen Spielentwickler:innen entgegenkommt.
Zu guter Letzt gibt es noch eine letzte Möglichkeit, die immer funktioniert: Geld. Apple sitzt wie ein Drache auf einem Berg von Gold – ein Barvermögen von 150 Milliarden US-Dollar. Bereits ein Prozent davon an Publisher würde viel dafür tun, native Versionen für Mac ihrer größten Spiele am selben Tag zu veröffentlichen wie für Windows.
Das wären 1,5 Milliarden US-Dollar an „Bitte auch eine Mac-Version“-Bestechungsgeld und genug, dass jedes Jahr Dutzende neuer Mac-Spiele erscheinen. Spielentwicklung dauert mehrere Jahre, weshalb diese Methode keine unmittelbare Verbesserung mit sich bringen würde. Hier könnte Proton für Mac einspringen und unzählige Spiele in kurzer Zeit verfügbar machen, die mit der Zeit durch vollwertige Mac-Versionen ersetzt werden.
Wofür auch immer sich Apple entscheidet, eines ist klar: Die aktuelle Strategie trägt keine Früchte. Deshalb ist der Mac als Gaming-Plattform auch genauso schlecht aufgestellt wie schon vor zehn Jahren.
Dieser Artikel ist ursprünglich in unserer Schwesterpublikation „Macworld“ erschienen und wurde aus dem Englischen übersetzt.